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Vakuumverglasung ermöglicht eine sehr gute
Wärmeisolierung. Die Herausforderung besteht darin, die
Scheiben so gut abzudichten, dass das Vakuum im Inneren über
Jahrzehnte bestehen bleibt. Das Team um Empa-Forscher Matthias
Koebel hat eine Methode entwickelt, bei der zwei Glasscheiben mit
einer Zinnlegierung versiegelt werden. Das Ultraschallbild eines
Laborversuchs (rechts) zeigt, dass die Verbindung mit dem Zinn
rundherum ohne Unterbruch gelang. Die Dichtigkeit wurde in
Leckmessungen bestätigt. (Foto: Empa) |
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Mitte
August unterzeichnete die Empa den Vertrag, der die Zusammenarbeit
aller Beteiligten besiegelte. Koebels Team stehen nun rund
670‘000 Franken zur Verfügung. Ein ungewohnt grosser
Betrag, freut sich der Empa-Forscher, denn: «Das Rennen um
die begehrten Beiträge aus den EU-Fördertöpfen ist
in den letzten Jahren immer härter geworden.» Im
Winsmart-Projekt, das 21 Konkurrenten ausgestochen hat, werden
Technologien entwickelt, die die Isolationsfähigkeit von
Fenstern aus handelsüblichem Glas erhöhen und sie durch
«schaltbare Gläser» funktional machen. |
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Ein dünnes Fenster, das dicht hält
Herkömmliche doppelverglaste Fenster bestehen aus
zwei Scheiben in einem Aluminiumrahmen. Dieser Rahmen umschliesst
einen 1.5 bis 2 Zentimeter dicken Hohlraum zwischen den Scheiben,
der mit Silikon abgedichtet und mit Gas gefüllt ist. Das Gas
verhindert die Wärmeübertragung. Die Winsmart-Forscher
entwickeln eine neue Vakuumisolierverglasung, die rund dreimal
dünner ist als eine herkömmliche Doppelverglasung –
und trotzdem rund zwei- bis dreimal besser isoliert. Das Hochvakuum
zwischen den Scheiben unterbindet die Wärmeübertragung
fast vollständig. Der Abstand zwischen den beiden Gläsern
beträgt dabei lediglich 0.2 bis 0.7 Millimeter und wird von
einer Vielzahl winziger, zwischen den Scheiben verteilter
Stützen gehalten. |
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Die
Aluminiumrahmungen, die heute üblicherweise in der
Fensterproduktion verwendet werden, würden dem
atmosphärischen Druck jedoch sofort nachgeben und in den
vakumierten Zwischenraum gesaugt werden. Zudem würde eine
konventionelle Konstruktion den Anforderungen punkto Dichtigkeit
nicht genügen. Daher musste ein robusterer Randverbund her. Im
inzwischen patentierten Verfahren wird das Doppelglas in eine
Vakuumkammer gefahren, in der eine flüssige Zinnlegierung als
Rahmen im Randbereich zwischen die beiden Scheiben eingespritzt
wird. Doch Zinn verhält sich auf Glas aufgrund
unterschiedlicher Oberflächenspannungen wie Wasser auf einer
neuen Regenjacke: Es perlt ab. Diesem Problem entgegnen die
Forscher, indem sie den Zinnrahmen kurzzeitig einer elektrischen
Spannung aussetzen. Dieser Verfahrensschritt ist nötig, damit
der Rahmen am Glas haftet und nach dem Aushärten für die
geforderten 30 Jahre luftdicht bleibt. |
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Die
Versuchsanlage der Empa, mit der Doppelglas-Muster mit dem neuen
Randverbund hergestellt werden. Gut erkennbar ist der
zylinderförmige und kupferfarbene Einspritzkopf, der das
Flüssiglot zwischen die Scheiben spritzt. (Foto:
Empa) |
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Jalousien und Rollläden bald
überflüssig?
Der zweite Fokus von Winsmart richtet sich auf die
Beschichtung von Scheiben; man forscht an schaltbaren Gläsern.
Im so genannten Vakuum-Sputtering-Verfahren werden 100 bis 200
Nanometer dünne Schichten auf die Gläser aufgebracht.
Dies geschieht ebenfalls in einer Vakuumkammer, in der die
Materialien unter extremer Hitze vaporisiert und sozusagen auf die
Scheibe «aufgedampft» werden. So wird eine erste, Strom
leitende Schicht aufgetragen, auf die die schaltbare Schicht aus
beispielsweise Wolframoxid aufgedampft wird. Auf diese schaltbare
Ebene wird wiederum eine leitende Schicht aufgetragen. Die
funktionale Ebene ist also immer von zwei leitenden Ebenen
eingeschlossen. Per Knopfdruck fliesst Strom durch die Schichten,
das Wolframoxid reagiert und das Glas verdunkelt sich. Wenn das
Fenster der Zukunft die Menge des einfallenden Lichts messen kann,
wird es sich selbstständig verdunkeln beziehungsweise
aufhellen und den Knopfdruck überflüssig machen.
Theoretisch können verschiedene Schichten übereinander
aufgetragen werden, die das Glas zusätzlich noch Wasser
abweisend oder kratzfest machen. Koebels Team entwickelt dafür
nasschemische Verfahren, die das energieaufwändige
Vakuum-Sputtering ersetzen sollen. |
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Schaltbare
Verglasung am Fraunhofer Institut IST in Braunschweig, Deutschland.
Die linke Ganghälfte der Passerelle ist abgedunkelt, die
rechte nicht. Quelle: EControl Glas, Plauen, Deutschland. (Foto:
EControl Glas) |
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Massenproduktion in fünf bis zehn
Jahren
Glaszuschnitt, Auftragen der schaltbaren Schichten, Randverbund
unter Hochvakuum – all diese Schritte sollen in Zukunft in der
Fliessbandproduktion von Fensterglas aneinandergereiht werden. In
Zusammenarbeit mit den Industriepartnern wird im Projekt Winsmart
auch die Produktionstechnologie vorangetrieben. Ein Knackpunkt ist
zurzeit noch die Robotik, die zum Einspritzen des
Flüssigmetallrahmens weiterentwickelt werden muss. Doch auch
so: «In fünf bis zehn Jahren werden erste
Winsmart-Fenster auf dem Markt sein», ist Koebel
überzeugt. |
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